Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine unterschätzte Autoimmunerkrankung, deren über die Schilddrüse hinausgehenden Auswirkungen noch weitgehend unerforscht sind. Und das obwohl es sich mit rund acht Millionen Betroffenen in Deutschland um eine Volkskrankheit handelt, die zudem bereits seit mehr als 100 Jahren bekannt ist.
Hashimoto-Thyreoiditis: Was ist das für eine Erkrankung?
Bei der Hashimoto-Thyreoiditis handelt es sich um eine chronische Entzündung der Schilddrüse. Ursächlich für diese Schilddrüsenentzündung verantwortlich ist eine fehlgeleitete Reaktion des Immunsystems. Das bedeutet, die Abwehrzellen des Immunsystems richten sich in diesem Fall nicht gegen körperfremde Krankheitserreger wie beispielsweise Viren oder Bakterien, sondern sie greifen fälschlicherweise körpereigenes Gewebe nämlich die Schilddrüse an. Die Hashimoto-Thyreoiditis ist also eine Autoimmunerkrankung.
Benannt ist die Hashimoto-Thyreoiditis nach dem japanischen Pathologen Hakaru Hashimoto, der die hypertrophe Variante dieser Erkrankung erstmals 1912 beschrieb. Hypertrophie bezeichnet in der Medizin die Größenzunahme eines Gewebes, hier eine Vergrößerung der Schilddrüse. Andere Bezeichnungen für diese Schilddrüsenentzündung sind beispielsweise Autoimmunthyreoiditis, chronisch-lymphozitäre Thyreoiditis oder auch Ord-Thyreoiditis nach dem britischen Chirurgen William Miller Ord, der die atrophe Variante der Erkrankung erstmals 1879 beschrieb. Atrophie ist die medizinische Bezeichnung für einen Gewebeschwund, in diesem Fall eine kleiner werdende Schilddrüse.
Hashimoto-Thyreoiditis: Welche Krankheitsursachen gibt es?
Die genauen Ursachen und Auslöser für die Entstehung der Hashimoto-Thyreoiditis sind noch nicht ausreichend wissenschaftlich erforscht. Vermutet wird jedoch, dass es nicht eine einzige Ursache gibt, sondern dass mehrere Faktoren zusammentreffen müssen, damit es tatsächlich zum Krankheitsausbruch kommt.
Von einer genetischen Veranlagung, chronischen Infektionen mit Epstein-Barr-Viren oder Borrelien, langandauernden, stressigen Lebensphasen, Veränderungen der Sexualhormone (Pubertät, Schwangerschaft, Wechseljahre) oder übermäßiger Jod-Zufuhr werden aktuell diverse Auslöser diskutiert.
Hashimoto-Thyreoiditis: Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
Vermutet die/der Ärztin/Arzt das Vorliegen einer Hashimoto-Thyreoiditis, müssen in der Regel mehrere Untersuchungen durchgeführt werden bis eine zweifelsfreie Diagnose gestellt werden kann.
Deutliche Veränderungen der Schilddrüse wie beispielsweise eine auffällige Größenzunahme bei der hypertrophen Hashimoto-Thyreoiditis kann die/der Ärztin/Arzt manchmal schon mit bloßem Auge erkennen oder durch Abtasten (Palpation) der entsprechenden Halsregion feststellen. Auch bei der weitergehenden körperlichen Untersuchung kann die/der Ärztin/Arzt äußerlich sichtbare Krankheitszeichen einer Unterfunktion der Schilddrüse (beispielsweise Schwellungen um die Augen herum, trockene Haut, strohige Haare und Übergewicht) erkennen.
Erste handfeste Hinweise auf das Vorliegen einer Schilddrüsenerkrankung ergeben sich dann häufig aber erst aus der Blutuntersuchung. Bei der Hashimoto-Thyreoiditis muss dabei zwischen den Hormonen (TSH, fT3, fT4), welche die Schilddrüsenfunktionslage (Euthyreose, Hypothyreose, Hyperthyreose) beschreiben und den Autoantikörpern (TPO-AK, TG-AK), die für die Diagnose wegweisend sind, unterschieden werden. Ein typischer Laborbefund bei der Hashimoto-Thyreoiditis sieht so aus, dass die Autoantikörper TPO-AK und/oder TG-AK genauso wie der TSH-Wert erhöht sind. Der fT3-Wert und/oder der fT4-Wert sind erniedrigt. Es besteht also eine Unterfunktion der Schilddrüse aufgrund einer Hashimoto-Thyreoiditis.
Unabhängig davon, ob die genannten Schilddrüsenparameter auf die genannte Weise auffällig verändert sind oder noch in einem normalen Bereich liegen, sollte bei für eine Hashimoto-Thyreoiditis typischen Krankheitssymptomen eine Ultraschalluntersuchung der Schilddrüse, eine sogenannte Schilddrüsen-Sonografie durchgeführt werden. Gesundes Schilddrüsengewebe sieht bei der Ultraschalluntersuchung hell (echoreich) aus. Entzündetes Schilddrüsengewebe ist im Gegensatz dazu nicht in der Lage die einfallenden Ultraschallstrahlen richtig zu reflektieren. Auf dem Ultraschallbild erscheint es deshalb dunkel (echoarm). Bei einer Hashimoto-Thyreoiditis würde eine Schilddrüsen-Sonografie also üblicherweise solche dunklen, echoarmen Bereiche zeigen.
Hashimoto-Thyreoiditis: Welche Krankheitssymptome können auftreten?
Bedingt durch die Entzündung kommt es zu Beginn der Erkrankung zu einer Zerstörung der Hormonspeicher in der Schilddrüse, wodurch die darin enthaltenen Schilddrüsenhormone freigesetzt werden und Überfunktionssymptome (z. B. Schwitzen, Unruhe, Reizbarkeit, Zittern, Durchfall, Gewichtsabnahme) auftreten können. Diese Phase wird medizinisch auch als Hashitoxikose bezeichnet.
Je mehr Schilddrüsengewebe dann im weiteren Verlauf durch die Entzündung zerstört wird, desto wahrscheinlicher wird es, dass die geschädigte Schilddrüse nicht mehr genug Hormone produzieren kann, um den Körper ausreichend damit zu versorgen. Langfristig kommt es deshalb fast immer zu einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Typische Unterfunktionssymptome sind trockene Haut, strohige Haare, Gewichtszunahme, Kältegefühl, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Verstopfung, Muskelschwäche, Weinerlichkeit sowie Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.
Hashimoto-Thyreoiditis: Wie wird sie behandelt?
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist nach derzeitigem medizinischen Wissensstand nicht heilbar. Und die aktuell mögliche schulmedizinische Therapie ist genaugenommen nicht einmal im Ansatz eine Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis an sich, sondern sie zielt ausschließlich auf die Beseitigung der als Folge der Hashimoto-Thyreoiditis entstehenden Schilddrüsenunterfunktion ab. Das bedeutet, die schulmedizinische Therapie besteht darin die fehlenden Schilddrüsenhormone zu ersetzen, also in dem Ausgleich der Schilddrüsenunterfunktion durch die tägliche Einnahme eines künstlich hergestellten Schilddrüsenhormonpräparats. Die der Schilddrüsenunterfunktion zugrundeliegende Hashimoto-Thyreoiditis ist durch diese Schilddrüsenhormontherapie jedoch nicht beeinflussbar. Sie schreitet auch unter der Behandlung mit Schilddrüsenhormonen immer weiter fort.
Bei den mit Abstand am häufigsten verwendeten Schilddrüsenhormonpräparaten handelt es sich um Monopräparate, die Levothyroxin, also das Schilddrüsenhormon T4, als alleinigen Wirkstoff enthalten. Zur Behandlung einer durch die Hashimoto-Thyreoiditis bedingten Schilddrüsenunterfunktion stehen neben dieser Standardtherapie mit Levothyroxin aber auch Monopräparate zur Verfügung, die Liothyronin, also das Schilddrüsenhormon T3 enthalten. Neben diesen Monopräparaten gibt es auch sogenannte Kombinationspräparate, die sowohl Levothyroxin (T4) als auch Liothyronin (T3) enthalten.
Doch zunächst einmal ist in jedem Einzelfall zu klären, wann nach der Diagnose Hashimoto-Thyreoiditis mit einer Schilddrüsenhormontherapie begonnen werden muss. Einige Ärztinnen/Ärzte verschreiben erst bei einer deutlichen Schilddrüsenunterfunktion (TSH > 10 uIU/ml) ein Schilddrüsenhormonpräparat. Andere sind der Ansicht, dass bereits gering erhöhte Schilddrüsenautoantikörper (TPO-AK, TG-AK) bei noch normalen Schilddrüsenwerten (TSH, fT3, fT4) einen Behandlungsversuch rechtfertigen sofern typische Schilddrüsenunterfunktionssymptome bestehen. Wenn die Entscheidung zugunsten einer Therapie gefallen ist, geht es im nächsten Schritt um eine individuell angepasste Einstellung mit einem der vorgenannten Schilddrüsenhormonpräparate, so dass die Unterfunktion der Schilddrüse möglichst gut ausgeglichen wird. Im Hinblick darauf ist zum einen wichtig, dass sich die Konzentrationen der Schilddrüsenwerte TSH, fT4 und fT3 in einem normalen Bereich befinden. Zum anderen ist entscheidend, dass es der/dem Patientin/Patienten möglichst gut geht und sie/er weitgehend beschwerdefrei ist.
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